
Der Beginn einer Geburt
Eine Geburt kann auf zwei verschiedene Arten beginnen. Die häufigere Variante – bei etwa 70 % aller Geburten – ist der Geburtsbeginn mit Wehen. Beim ersten Kind ist dieser Beginn meistens allmählich. Du wachst mitten in der Nacht auf, musst wie so oft aufs Klo und merkst aber eben auch ein dumpfes, an Regelschmerzen erinnerndes Ziehen im unteren Bauch. Dieses Gefühl ist ganz zu Anfang meistens noch recht diffus. Wenn es tatsächlich mitten in der Nacht ist, legst Du Dich am besten erst mal wieder ins Bett und versuchst, ein wenig auszuruhen. Es wird sich erst in den nächsten ein bis zwei Stunden entscheiden, ob diese Wehen „richtige Wehen“ sind und ob sie sich in Richtung Geburt entwickeln oder ob sie wieder verschwinden und Du irgendwann einschläfst, am nächsten Morgen aufwachst, und es ist nichts weiter passiert. Es ist wichtig, dass Du in dieser Zeit Kraft sparst, Du wirst sie in den Stunden, die vor dir liegen, noch brauchen! Diese Phase der Geburt nennt man auch „Latenzphase“.
Der Badewannentest
Wenn Du Dir so gar nicht sicher bist, ob die Wehen, die Du spürst, „richtige“ Wehen sind, gibt es den einfachen aber einigermaßen aussagekräftigen „Badewannentest“. Lege Dich einfach ganz normal in die Badewanne und schaue, was mit Deinen Wehen passiert. Sind es keine „richtigen“ Wehen, also nur Vorwehen, würden sie durch das warme Badewasser verschwinden. Geburtswehen hingegen lassen sich nicht wegbaden – sie würden auch im Badewasser allmählich kräftiger, so dass Du damit weißt: Ok, es geht jetzt Richtung Geburt! Achtung: Gehe nur in die Badewanne, wenn Du nicht alleine zuhause bist! Mit richtig kräftigen Wehen kommst Du evtl. nicht mehr so einfach heraus …
Es geht los!
Wenn also die Wehen so kräftig werden, dass sie einen regelmäßigen Abstand von etwa 3-6 Minuten haben, und Du gleichzeitig die einzelne Wehe subjektiv als „doll“ empfindest, hat die Geburt vermutlich wirklich begonnen. Wenn Du Dein erstes Kind bekommst, wird es – in aller Regel – noch etliche Stunden dauern! Ihr habt also alle Zeit der Welt und könnt ganz in Ruhe in die Klinik fahren!
Blasensprung
Die zweite Variante des Geburtsbeginns ist der Blasensprung. Ohne erkennbare Vorwarnung läuft plötzlich – meist in einem ordentlichen Schwall – Fruchtwasser aus Dir heraus. Ein Blasensprung ist nicht gefährlich und Du musst auch nicht liegend im Krankenwagen ins Krankenhaus fahren (Ausnahme: Beckenendlage, Zwillinge, eine Geburt vor der 37. SSW und mit einem hoch stehenden Köpfchen. Letzteres ist sehr ungewöhnlich und Deine Hebamme oder Dein Frauenarzt würde das bei der Untersuchung feststellen und Dir mitteilen!). In jedem Fall ist ein Blasensprung aber ein Geburtsbeginn, so dass Du zeitnah und in aller Ruhe ins Krankenhaus fahren solltest. Bewaffne Dich mit saugfähigen Binden (große, dicke), ersatzweise einem Gästehandtuch oder Ähnlichem. Wenn die Fruchtblase offen ist, wird bei jeder deiner Bewegungen oder denen des Babys ein weiterer Schwall Fruchtwasser aus Dir herausschwappen.
Nach einem Blasensprung wirst Du mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit in den nächsten Stunden auch Wehen bekommen. Zunächst geschieht also auch im Krankenhaus nicht viel mehr als „Abwarten“. Nur, wenn Wehen länger als 12-24 Stunden auf sich warten lassen, würde man die Geburt mit Hormonen einleiten, um einer Infektion des Babys durch die offene Fruchtblase vorzubeugen und die Geburt in Gang zu bringen.
Die Eröffnungsphase
Die kräftiger werdenden Wehen schieben jetzt das Baby nach unten und drücken es mit dem Köpfchen auf den Muttermund. Dadurch öffnet dieser sich, Stückchen für Stückchen. Diese Phase ist die längste Phase der Geburt. Beim ersten Baby kannst Du etwa mit einem Tempo von einem Zentimeter Muttermundsöffnung pro Stunde rechnen – und insgesamt muss der Muttermund 10 cm weit aufgehen, dann spricht man von einem „vollständig eröffneten“ Muttermund. Es liegen also ein paar anstrengende Stunden vor Dir! Am besten hilft Bewegung und ein Wechsel der Körperhaltungen. Nutze dabei gern verschiedene Hilfsmittel im Kreißsaal. Vielleicht motiviert Dich auch Deine Hebamme, nicht vorwiegend liegend im Bett die Wehen zu verarbeiten. Knien auf einer Matte, Dich dabei mit den Armen abstützen, an einem Tuch halten, zwischendurch gerne baden, sitzen auf einem Ball … Es gibt viele verschiedene Körperhaltungen, die hilfreich sind, so dass die Wehe aushaltbarer und auch effektiver für den Geburtsprozess ist.
Betreuung im Kreißsaal
Wenn Du im Kreißsaal angekommen bist, nimmt Dich eine Hebamme in Empfang und wird nun für die nächsten Stunden Deine Hauptbetreuungsperson sein. Sie wird Dich etwa alle zwei Stunden untersuchen, um den Geburtsfortschritt festzustellen und regelmäßig die Herztöne Deines Babys zu hören, dazu üblicherweise in Intervallen ein CTG schreiben. Sie wird Dir Vorschläge machen, was nun gut zur Verarbeitung Deiner Wehen helfen wird, unterstützt Dich beim Atmen und beim Ausprobieren verschiedener Körperhaltungen zum guten Umgang mit der Wehenkraft. Üblicherweise betreut eine Kreißsaalhebamme in heutigen Zeiten mehrere Frauen gleichzeitig. Sie ist aber immer in Rufweite und in den wesentlichen Momenten sicher ganz bei Dir.

Mit oder ohne Schmerzmittel?
Du wirst mit Sicherheit an Deine Grenzen kommen. Eine Geburt ist heftig, aber irgendwie auch schaffbar. Dafür sorgen die körpereigenenen Endorphine und auch das Geburtshormon Oxytocin selbst. Damit können Frauen Berge versetzen – und ein Kind bekommen! Manchmal wird diese Grenze des Aushaltbaren aber überschritten. Dann sind Hilfsmittel in Form schmerzlindernder Maßnahmen vielleicht doch notwendig. In der modernen Geburtshilfe gibt es verschiedenen Möglichkeiten, es gibt eine PDA, verschiedene Schmerzmittel als Zäpfchen oder Spritze und neuerdings auch wieder Lachgas.
Die Geburtsphase
Stunde um Stunde kommst Du Deinem Baby mit jeder geschafften Wehe ein Stückchen näher. Wenn der Muttermund ganz geöffnet ist, rutscht Dein Baby mit jeder Wehe ein Stückchen tiefer durch Dein Becken hindurch. Auf diesem Weg dreht sich Dein Baby wie ein kleines Schräubchen um 90 Grad, nimmt das Kinn auf die Brust, beugt damit das Köpfchen und verändert auch ganz ordentlich die Haltung. Insgesamt dauert diese Phase beim ersten Baby auch noch mal ein bis zwei Stunden. Nach etwa einem Zweidrittel des Weges verändern sich die Wehen nun noch einmal grundlegend: Das Köpfchen hat jetzt einen Bereich im Becken erreicht, in dem besondere Rezeptoren liegen. Drückt das Baby nun darauf, wird ein Reflex ausgelöst: die Presswehen. Unwillkürlich verhelfen bei diesem Pressreflex die Muskeln von Bauch und Zwerchfell zu ein wenig mehr aktiver Kraft. Mit ordentlich Push-Power schiebst Du nun gemeinsam mit der Wehe Dein Baby Stück für Stück nach draußen. In aufrechten oder vornüber gebeugten Positionen hilft zusätzlich noch die Schwerkraft. In Abhängigkeit von vielen unterschiedlichen Faktoren dauert diese Pressphase etwa eine halbe Stunde, sie kann aber – wie alle Phasen der Geburt – auch deutlich kürzer oder länger sein. In den letzten Wehen rutscht das Köpfchen des Babys ganz allmählich aus Dir heraus. Heute weiß man, dass ein Dammschnitt in fast allen Fällen (die WHO nennt eine Quote von 95 %) entbehrlich ist. Ist das Köpfchen geboren, folgen in der nächsten Wehe die Schultern und der Rest des Körpers – geschafft, dein Baby ist da! Noch an der Nabelschnur, kannst Du es gleich in den Arm nehmen und in den nächsten Momenten realisieren, dass Du es nun wirklich geschafft hast
Die Plazentageburt
Fehlt nur noch die Plazenta – etwa eine Viertel- bis halbe Stunde nach der Geburt löst sich die Plazenta mit einer oft nicht wirklich spektakulären Nachwehe. Auch die Geburt der Plazenta ist meistens überhaupt nicht schmerzhaft. Du unterstützt das Herausrutschen noch einmal mit einem kurzen Mitschieben – und dann flutscht sie schon aus Dir heraus.
Ablauf einer Geburt beim zweiten Baby
Wenn Du Dein zweites Baby bekommst, gehen alle Phasen meistens deutlich schneller. Du hast bei der Geburt Deines ersten Kindes sozusagen schon „vorgearbeitet“ für die Geburt der Geschwisterkinder. Die dritte (oder vierte …) Geburt geht hingegen nicht immer noch schneller. Fahre nur rechtzeitig los, damit Du noch in aller Ruhe im Krankenhaus ankommen kannst. Rechne wirklich mit ordentlich „Tempo“, wenn dein Körper sich einmal für „Geburt“ entschieden hat!
Kareen
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Hallo zusammen,
- 28. Oktober 2017die Geburt unseres Sohnes war eher das Langzeitepos:
Ich hatte zehn Tage lang leichte Wehen, nachts auch oft im Abstand von drei Minuten. Das war aufregend aber nicht schlimm. Zwei Tage nach Termin ist dann abends um elf die Fruchtblase geplatzt, aber die Wehen waren immer noch leicht. Wir sind dann in aller Ruhe ins KH gefahren, haben auch noch Späße gemacht. Nachdem alle Personalien aufgenommen waren, mein Darm Dank Durchfall KOMPLETT leer war und die Herztöne gemessen waren gings plötzlich richtig heftig los. Da mein Muttermund noch kein bisschen geöffnet war wollten Hebi und Ärztin mir gleich eine PDA geben, da ich das „nie durchhalten würde“. Mein Mann musste mehrmals richtig laut werden um das zu verhindern. Ich bin ihm soooo dankbar, selbst wär ich nicht mehr zu solchen Heldentaten fähig gewesen.
Elf Stunden später war der Muttermund endlich geöffnet und ich konnte wieder etwas tun! Allerdings war ich da schon so erledigt dass ich zwischen den Wehen, die nach wie vor alle 1-3 min kamen, immer wieder ohnmächtig wurde.
Endlich pressen zu dürfen war eine richtige Erlösung. Tja, und fünf Stunden und einen nicht zu zimperlichen Dammschnitt später war der kleine Engel dann da. Dann hab ich noch eine Weheninfusion bekommen weil die Plazenta (immerhin1,1 kg) nicht raus wollte.
Von 16 Stunden Geburt habe ich 10 Stunden im Wasser verbracht, und entbunden hab ich auch im Wasser. Vier Stunden nach der Geburt war ich mit meinen beiden Männern wieder zu Hause und dann wurde erstmal ausgeruht.
Ich würde es jederzeit wieder so machen, die Geburt war wunderschön.
Liebe Mara,
vielen Dank für deine ausführliche Schilderung. Wir wünschen Dir und deiner Familie alles Gute!
Liebe Grüße
- 3. November 2017Annika