
Auch eine Art, geboren zu werden: Ungefähr jedes dritte Kind kommt in Deutschland per Kaiserschnitt auf die Welt. Die meisten Kaiserschnitte werden nicht geplant, sondern die Notwendigkeit stellt sich erst während der Geburt heraus. So unterscheidet man grundsätzlich zwischen einem primären (=geplanten) und sekundärem (=nicht geplantem) Kaiserschnitt.
Etwa 5–10 Prozent aller Kinder werden deutschlandweit per primärem und 15–35 Prozent per sekundärem Kaiserschnitt geboren. Die unterschiedlichen Zahlen schwanken nicht unerheblich von Klinik zu Klinik (auch, aber nicht nur wegen des unterschiedlichen Risikoprofils) und sogar von Bundesland zu Bundesland. Laut WHO wäre in den Industrienationen eine Kaiserschnittquote von etwa 10–15 Prozent zu erwarten. Deutschland liegt also weit über dieser Empfehlung.
Der geplante Kaiserschnitt
Geplante Kaiserschnitte macht man immer dann, wenn die Geburt auf natürlichem Wege von vorne herein ausgeschlossen ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Plazenta direkt vor dem Muttermund liegt (Placenta praevia) oder wenn das Baby es sich quer im Bauch der Mutter gemütlich gemacht hat. Relative Indikationen hingegen sind beispielsweise eine Steißlage oder Zwillinge. Hier hängt es vor allem von den individuellen Umständen (Wie groß ist das Baby? Wie genau liegt das Baby? Wie motiviert sind die Eltern? Gibt es weitere Risikofaktoren, die geburtsrelevant sind?) und der Erfahrung der Geburtsklinik ab.
So ist es bei einer relativen Indikation durchaus ratsam, eine zweite Meinung einzuholen, wenn Du eigentlich lieber eine Spontangeburt haben möchtest. Wichtig ist immer: Niemand wird ein höheres Risiko eingehen. Eine spontane Zwillings- oder Beckenendlagengeburt ist mit erfahrenen Geburtshelfern definitiv nicht riskanter als ein Kaiserschnitt. Sei unbesorgt: Niemand würde natürlich in irgendeiner Weise ein Risiko für Dein Baby eingehen.
Wirkliche „Wunschkaiserschnitte“ ohne jegliche medizinische Indikation sind wieder deutlich seltener geworden, da die Risiken (und möglichen Folgeproblematiken bei weiteren Schwangerschaften durch die voroperierte Gebärmutter) gegenüber einer Spontangeburt deutlich überwiegen. Deren Quote liegt bei etwa 1–2 Prozent.
Narkose bei einem Kaiserschnitt
Wenn Du einen Kaiserschnitt bekommst, brauchst Du natürlich eine gute Betäubung. Heutzutage macht man nur in Ausnahmefällen eine Vollnarkose, etwa dann, wenn es sehr schnell gehen muss. Fast immer bekommst Du also eine lokale Betäubung, entweder eine PDA oder eine Spinalanästhesie. Du bleibst dabei wach und kannst die Geburt Deines Babys miterleben.
Der sekundäre Kaiserschnitt
Der häufigste Grund für einen sekundären Kaiserschnitt ist der so genannte Geburtsstillstand. Oft hat die Geburt ganz normal mit Wehen oder einem Blasensprung begonnen, doch dann (manchmal auch wirklich schon weit fortgeschrittenen Stadium) stagniert die Geburt. Der Muttermund ist bereits einige Zentimeter (manchmal bereits ganz) geöffnet – und dann geht es nicht mehr weiter. Gleichzeitig befindet sich das Kind oft nicht in optimaler Position, es macht nicht die typische Drehbewegung, mit der es sonst üblicherweise durchs Becken rutscht. Defininitionsgemäß spricht man von einem Geburtsstillstand, wenn es zwei Stunden lang nicht vorangegangen ist. Fast nie – auch im Nachhinein – ist so ganz klar, warum „dieses Baby nicht durch dieses Becken“ rutschen wollte oder konnte. Eins ist jedenfalls fast nie so: Dass es objektiv zu groß war. Deshalb spricht man bei dieser Diagnose auch von einem so genannten „relativen Missverhältnis“ oder sogar „Verdacht auf relatives Missverhältnis“. Heißt letztlich: Irgendwie ging es nicht, warum wissen wir aber auch nicht.

Ein Kaiserschnitt liegt in der Luft
Was kann man noch tun, damit es vielleicht doch noch geht? Der Grund für diese Relativität ist eben auch, dass es unter perfekten Bedingungen eben doch eigentlich gehen könnte. Die wichtigsten Dinge, die man zur Vermeidung eines Kaiserschnittes tun kann, sind Mobilität – und Geduld. Je nachdem, was genau der Grund für einen verzögerten Geburtsverlauf oder einen Geburtsstillstand ist, helfen manchmal ganz einfache Dinge: Raus aus dem Bett und bewegen. Viel erreichen kann man auch mit dem Vierfüßlerstand oder asymmetrischen Positionen (im Stehen einen Fuß etwa auf ein Fußbänkchen aufstellen, im Knien einen Fuß aufstellen). Deine Hebamme kennt einige „Tricks“! Wichtig ist nur, nicht einfach im Bett zu liegen und kostbare Stunden (und Kraft!) verstreichen zu lassen. Und wenn früher oder später auch noch Baby-Stress dazukommt und die Herztöne wackelig werden, hat man dann keine Zeit mehr für weiteres Abwarten …
Notkaiserschnitt
Ein „Notkaiserschnitt“ ist eine Sonderform des sekundären Kaiserschnittes. Der wird dann nötig, wenn Dein Kind relativ plötzlich akut gestresst ist und die Herztöne ein entsprechendes CTG-Muster zeigen oder ein anderes, seltenes unvorhergesehenes Ereignis eintrifft wie etwa eine plötzliche, stärkere Blutung während der Geburt. In diesen Fällen beeilen sich die Geburtshelfer und entscheiden sehr schnell, dass das jetzt die einzige gute Idee ist: Ab in den OP! Das Wort Notkaiserschnitt wird im allgemeinen Sprachgebrauch oft etwas inflationär gebraucht, nicht bei jedem eiligeren, sekundären Kaiserschnitt handelt es sich um einen Notkaiserschnitt. Die Häufigkeit einer Notsectio wird mit etwa 0,8 – 1 Prozent aller (Einlings-)Geburten angegeben und ist damit glücklicherweise ziemlich selten.
Der Ablauf eines Kaiserschnittes
Im OP sind alle Abläufe ziemlich straff getaktet. Erst wirst Du an einer OP-Schleuse auf die OP-Pritsche umgebettet, dann in die Anästhesievorbereitung geschoben. Dort bekommst Du Deine Spinalanästhesie oder die bereits liegende PDA wird aufdosiert, das wird in den verschiedenen Kliniken unterschiedlich gehandhabt. Danach geht es dann in den OP: Dein Bauch wird großflächig desinfiziert, Du bekommst EKG-Sonden aufgeklebt, wirst mit Tüchern abgedeckt und bekommst einen Urinkatheter.
Wenn Dein Mann gern mitkommen möchte, geht das heutzutage fast überall, er sitzt dann bei Dir am Kopfende und sieht auch nicht mehr, als ihm lieb ist.
Wenn alles soweit ist, beginnt man mit dem Schnitt. Heutzutage wird überall die Methode nach Misgav Ladach durchgeführt, die manchmal auch etwas irreführend als „sanfter Kaiserschnitt“ bezeichnet wird. Hier werden nur die obersten Schichten mit dem Skalpell geschnitten, durch die übrigen Strukturen arbeitet sich der Operateur per Dehnung und „sanftem Reißen“ vor. Was erstmal archaisch klingt, heilt aber deutlich schneller als die „klassische Methode“, so dass Frauen nach einem Kaiserschnitt heutzutage nur etwa fünf Tage im Krankenhaus bleiben müssen, früher waren das zwei Wochen!
Von alledem merkst Du, gut betäubt, natürlich gar nichts. Wenn der Operateur am Baby angekommen ist (etwa nach drei bis fünf Minuten), wird es dann kurz etwas rumpelig: Dein Baby wird entwickelt. Du merkst keine Schmerzen, aber Erschütterung und Vibration, nach ungefähr einer Minute ist aber dein Baby da!
Die Hebamme nimmt das Baby an und bringt es dann zu Euch herum, so dass ihr es begrüßen und ein kleines bisschen bekuscheln könnt. Wenn Du in einem Level-1-Klinikum mit Kinderintensivabteilung entbindest, werden dann vorsorglich die Kinderärzte das Baby kurz mitnehmen und untersuchen, währenddessen wird Deine Bauchwunde sorgsam in drei bis vier Schichten versorgt. Das Zunähen dauert etwa 30 –45 Minuten.
Danach kommt ihr alle drei gemeinsam für die nächsten zwei Stunden zurück in den Kreißsaal. Dort beginnt dann endlich der schöne Teil: Du kannst Dein Baby das erste Mal richtig in den Arm nehmen, gerne noch nackt, Haut auf Haut!
Stillen nach einem Kaiserschnitt
Auch nach einem Kaiserschnitt kannst Du ohne Weiteres auch sofort, noch im Kreißsaal, das erste Mal stillen. In den ersten Tagen bist Du wegen der Wunde noch etwas gehandicapt und in Deiner Bewegung eingeschränkt. Das wird aber ziemlich schnell besser, nach zwei, drei Tagen kannst Du schon gut allein wieder aufstehen und etwas herumlaufen. Typischerweise dauert es etwa ein oder zwei Tage länger, bis die Milchbildung in Gang kommt.
Weitere Geburten nach einem Kaiserschnitt
Eine Frage, die mir häufig gestellt wird : „Wie ist es dann, wenn ich noch ein weiteres Kind bekomme?“ Hieß es früher tatsächlich oft „Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt“ ist das glücklicherweise heute komplett überholt. Auch nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt kann das Geschwisterbaby auf natürlichem Weg geboren werden.
Kareen
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