Wenn Frauen in Deutschland schwanger sind, scheint der Weg zum Arzt erst mal der vertraute Weg zu sein. Aber auch Hebammen führen die Schwangerschaftsvorsorgen mit allen notwendigen Maßnahmen durch und begleiten Frauen von Beginn an durch die aufregenden Wochen und Monate. Die Mutterschaftsrichtlinien geben vor, in welchen Abständen die Vorsorgeuntersuchungen verlaufen und was genau deren Inhalt ist. Unten in diesem Artikel findest Du eine Übersicht, die zeigt, welche Untersuchungen zu welchem Zeitpunkt auf Dich zukommen.
Zu den regelmäßigen Untersuchungen bei jeder Schwangerenvorsorge gehört:
- die Überprüfung des Urins und des Blutdruckes
- das Ermitteln des Wachstums Deiner Gebärmutter, des Babys und das Feststellen der Lage
- das Abhören der Herztöne (mit dem Dopton ca. ab der 10. SSW, mit dem Höhrrohr ca. ab der 25. SSW)
- Blutentnahmen
- Abstriche
- bei Bedarf eine vaginale Untersuchung.
All das, auch das Errechnen des Entbindungstermins und das Ausstellen des Mutterpasses, kann der Arzt oder eben auch Deine Hebamme übernehmen. Einzig die bildgebenden Ultraschalluntersuchungen kann eine Hebamme nicht machen. Für diese würdest Du also zum Arzt gehen. Sollte am Ende der Schwangerschaft ein CTG notwendig sein (nach den Mutterschaftsrichtlinien wird das nicht routinemäßig gemacht, sondern bedarf einer Indikation wie etwa vorzeitige Wehen oder eine Überschreitung des errechneten Termins), kann die Hebamme auch das anbieten, wenn sie mit einem CTG-Gerät ausgestattet ist.
Was macht die Hebamme bei der Schwangerenvorsorge?
Hebammenvorsorge kann sehr unterschiedlich organisiert sein. Einige Hebammen kommen zu Dir nach Hause und machen die Vorsorge dort. Andere haben einen Praxisraum und Du gehst dorthin. Vielleicht wird die Hebammenpraxis im Laufe der Zeit ein sehr vertrauter Ort, Du kannst dort Geburtsvorbereitungskurse besuchen, Akupunkturbehandlungen wahrnehmen und Dich auch nach der Geburt zu Rückbildungskursen oder PEKiP-Kursen anmelden, also rundum betreuen lassen.
Ein großes Plus für Vorsorgeuntersuchungen bei einer Hebamme ist zum einen die Zeit: Hebammen machen ja alle Anteile der Vorsorge selbst (Blutdruck messen, Blut abnehmen, ggf. CTG schreiben) und delegieren diese Teile nicht an eine Arzthelferin. Etwa 45 Minuten lang hast Du also die Hebamme ganz für Dich, sie erklärt Dir alles genau und es bleibt Zeit für viele Fragen, die in der eher strafferen Arztvorsorge manchmal auf der Strecke bleiben. Durch das Fehlen des Ultraschalls ist die Vorsorge mehr mit Fühlen und Tasten verbunden, es gibt nicht wenige Frauen, die am Ende der Schwangerschaft verblüfft sagen: „So wie Du meinen Bauch tastest – das hat mein Arzt kein einziges Mal gemacht!“ Du lernst also Deine Hebamme, die Dich ja im Wochenbett noch lange betreuen wird, auch jetzt schon richtig gut kennen.
Vorsorgeuntersuchung: Verschiedene Modelle
- Ausschließlich beim Frauenarzt: Du kannst für die Vorsorgen ausschließlich zu Deinem Frauenarzt gehen und triffst Deine Hebamme nur zum Vorgespräch für das Wochenbett oder wenn Beschwerden auftauchen.
- Ausschließlich bei der Hebamme: Frauen, die Vorsorgeuntersuchungen ausschließlich bei der Hebamme wahrnehmen, sind oft Zweitgebärende, die Hebammenvorsorge schon kennen oder Frauen, die sich schon früh für die Betreuung durch eine Hebamme entscheiden und für die auch eine außerklinische Geburt (zu Hause oder im Geburtshaus) infrage kommt. Wenn Du ergänzend Ultraschalluntersuchungen wahrnehmen möchtest, würdest Du für diese zu Deinem Frauenarzt gehen, wenn alles wunderbar läuft, reicht das völlig aus.
- Arzt und Hebamme abwechselnd: Ein Modell, das mittlerweile recht weit verbreitet ist. So hast Du sozusagen „das Beste aus zwei Welten“. Manche Frauenärzte arbeiten manchmal auch mit Hebammen direkt in ihrer Praxis zusammen, Du bekommst in Deiner Arztpraxis abwechselnd Termine bei Deinem Arzt und bei Deiner Hebamme.
Muss mein Arzt zustimmen?
In den meisten Regionen Deutschlands ist die gemeinsame Vorsorge durch Arzt und Hebamme mittlerweile sehr verbreitet. Manchmal triffst Du möglicherweise aber auch auf Vorbehalte. Wichtig: Nicht Dein Arzt entscheidet, wo Du Dich zur Vorsorge begleiten lassen möchtest, sondern allein Du! Eine Hebamme ist laut Berufsordnung natürlich genau dazu ausgebildet, alle Vorsorgeinhalte kompetent und eigenständig durchzuführen. Sie wird Dich auch bei Auffälligkeiten oder auch zur Abklärung immer zu Deinem Arzt überweisen, falls das notwendig sein sollte. Der Arzt ist gegenüber der Hebamme nicht weisungsbefugt. Auch muss er weder „die Verantwortung übernehmen, für das, was die Hebamme tut“, noch kann er seine Vorleistungen weniger gut oder nicht abrechnen, wenn Du auch Hebammenvorsorge in Anspruch nimmst. Allein doppelte oder zusätzliche Vorsorgen widersprechen dem Wirtschaftlichkeitsprinzip und werden deshalb auch nicht erstattet. Du solltest also die Termine mit Deinem Arzt und der Hebamme gut absprechen.
Alle Vorsorgeuntersuchungen in der Übersicht
Für die unterstrichenen Vorsorgeuntersuchungen musst Du, wenn Du eine Ultraschalluntersuchung wünscht, zum Arzt gehen.
- 6.-7. SSW: Erste Ultraschalluntersuchung. Hier kann man sehen, ob das Baby (oder sind es zwei?) sich in der Gebärmutter eingenistet hat und sieht oft auch schon das kleine Herz schlagen. Beim Arzt bekommst Du außerdem einen routinehaften Krebsvorsorge-Abstrich, dazu sind einige Blutentnahmen fällig: Deine Blutgruppe und Dein Rhesusfaktor wird bestimmt, Röteln- und Syphillis-Antikörper und ein Hb-Wert, der über die Eisenversorgung Auskunft gibt. Diese Hb-Untersuchung wird sporadisch einige Male während der Schwangerschaft wiederholt. Empfohlen wird ferner ein HIV-Test. Am Schluss der große Moment: Du bekommst Deinen Mutterpass überreicht!
- 10.-11. SSW: Zweite Vorsorge. Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums.
- 12. SSW (+/- eine Woche): ggf. Ultraschalluntersuchung für die Messung der Nackentransparenz (kein Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien). Ebenfalls in diesem Zeitraum: Erster Basisultraschall. In dem Zuge kann man sehen, dass Dein Baby sich bewegt, zwei Arme und Beine hat und fünf Fingerchen an jeder Hand. Dein Baby wird genau ausgemessen. Manche Ärzte legen sich jetzt schon vorsichtig auf das Geschlecht fest, wenn Du das gern wissen möchtest. Spätestens jetzt wird der ET noch mal korrigiert.
- 14.-15. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne.
- 18.-19. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne.
- 19.-22. SSW: Zweiter Basisultraschall, evtl. Feindiagnostik. Die Feindiagnostik in dieser Schwangerschaftsphase ist nicht regelhaft in den Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen, wird aber mittlerweile in vielen Regionen schon „routinemäßig“ gemacht. Du würdest zu einer solchen Untersuchung zu einem Arzt überwiesen, der sich auf Ultraschalldiagnostik spezialisiert hat und eine spezielle Qualifikation (DEGUM II) vorweisen kann. Hier kann man schon ziemlich gut sehen, dass alle Organe angelegt sind, Dein Baby zwei Nieren hat, vier Herzkammern und dass es Fruchtwasser trinkt.
- 22. – 23. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne.
- 24. – 27. SSW: Oraler Glucosetoleranztest: Das ist ein Test, um einen Gestationsdiabetes oder eine Vorstufe davon, eine verminderte Glucosetoleranz, auszuschließen. Dazu trinkst Du eine fies-süße Zuckerlösung und Dein Blutzuckerwert wird davor und danach gemessen.
- 26.- 27. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne.
- 30.– 31. SSW: Dritter Basisultraschall. Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG. Anti-D-Prophylaxe bei rhesusnegativen Müttern.
Ab jetzt: 2-Wochen-Rhythmus
- 32. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG. Blutentnahme auf Hepatitis B.
- 34. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums und der Fruchtwassermenge, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG.
- 36. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums und der Fruchtwassermenge, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG.
- 38. SSW: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums und der Fruchtwassermenge, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG.
- Am ET: Urinuntersuchung und Blutdruck, Tasten des Gebärmutterwachstums und der Fruchtwassermenge, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. bei Indikation ein CTG.
Nach Überschreiten des ET
- Alle 2 Tage: Urinuntersuchung und Blutdruck, Hören der kindlichen Herztöne, ggf. ein CTG und / oder ein Ultraschall, um die kindliche Versorgung des Kindes über die Plazenta zu kontrollieren. Sinnvollerweise erfolgt die Betreuung nach dem ET individuell und in enger Kooperation von Hebamme, Frauenarzt und Geburtsklinik.
Kareen
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Meine Schwester hat mir am Wochenende erzählt, dass sie schwanger ist. Ich habe mich total für sie gefreut, aber ihr auch direkt geraten, einen Termin für eine Vorsorgeuntersuchung auszumachen, da sie bisher nur selbst einen Schwangerschaftstest gemacht hat und noch nicht beim Frauenarzt war. Gut zu wissen, dass die Vorsorgeuntersuchung nicht zwingend bei der Frauenärztin stattfinden muss, sondern auch von einer Hebamme bzw. Im Wechsel durchgeführt werden kann.
- 12. Mai 2020Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen im Hinblick auf die Schwangerschaft sind meiner Auffassung nach unerlässlich. Vor allem im späteren Zeitraum, wenn es um die von Ihnen angesprochene Lage des Babys geht befinde ich dies für äußerst wichtig. Vielen Dank für diesen umfassenden Beitrag zur Vorsorge bei der Hebamme!
- 10. Oktober 2019Liebe Kyra,
danke für deinen Input zu diesem Thema!
Liebe Grüße
- 10. Oktober 2019Annika