Stellt Euch mal vor, Euer Kind sitzt in einigen Jahren in einem Vorstellungsgespräch und der potenzielle Chef fragt: „was meinen Sie, wie viele Fremdsprachen ich spreche?“ Euer Kind könnte jetzt antworten: „Hmm, schwer zu sagen. Vielleicht drei?“ Woher soll man das auch wissen? Das sieht man dem Gegenüber ja nicht an.
Es könnte aber auch sagen: „Wie viele Fremdsprachen Sie sprechen, ist mir eigentlich egal. Ich beherrsche vor allem eine Sprache. Und mit dieser kann ich ganz schnell rausfinden, wo Sie wohnen und wie Ihre IBAN lautet. Hier ist meine Karte. Wenn Sie mit mir zusammenarbeiten möchten, melden Sie sich gerne.“
Oha! Naja, das klingt filmreif – ist es wohl auch. Ganz unrealistisch ist es trotzdem nicht. Frank Thelen – ein deutscher Unternehmer und seit 2014 einer von fünf Investoren der VOX-Fernsehsendung Die Höhle der Löwen – hat mal gesagt, „dass das Programmieren die wichtigste Fremdsprache ist“. Er hat vermutlich recht, denn mit dieser Sprache lässt sich über Ländergrenzen hinweg kommunizieren.
Programmieren lernen – leichter gesagt, als getan, oder? Die meisten Eltern sind schon stolz, wenn das eigene Kind im Urlaub mal ein „Salut“, „Arrevederci“ oder „Thank you“ sagt. Bei Chinesisch steigen dann schon die meisten aus – wer hat denn da die Muße fürs Coden?!
Kinderleicht programmieren lernen
Entwickler selbst sehen das entspannter. Klar, die können das ja auch!
Ich habe mich gerade mit einem unterhalten und soll ich Euch was sagen? Die fangen auch einfach nur mit dem Zählen an. So lernt man eine Sprache halt.
Schon mal probiert mit zwei Händen bis Tausend zu zählen? Was das mit Programmieren zu tun hat? Ich sag es Euch!
Wie Kinder programmieren lernen – Die ersten Schritte
Binäres Zählen
Wenn wir an der Hand abzählen, dann steht jeder Finger für eine Zahl: von 1 bis 10! Logisch – und sicher auch schon für die ganz Kleinen. Um mit zwei Händen bis Tausend – oder genauer bis 1023 – zählen zu können, benötigt man dann doch einen Trick:
- Der Daumen zählt 1
- Der Zeigefinder zählt das Doppelte = 2
- Der Mittelfinger zählt wieder das Doppelte (vom Zeigefinger) = 4
- Der Ringfinger zählt das Doppelte vom Mittelfinger = 8
- Der kleine Finger zählt das Doppelte vom Ringfinger = 16
An der zweiten Hand geht es weiter
- Der kleine Finger zählt das Doppelte vom gegenüberliegenden kleinen Finger = 32
- Der Ringfinger zählt das Doppelte vom kleinen Finger = 64
- Der Mittelfinger zählt wieder das Doppelte vom Ringfinger = 128
- Der Zeigefinger zählt das Doppelte vom Mittelfinger = 256
- Der Daumen zählt das Doppelte vom Zeigefinger = 512
Mit dieser Weise zählen, sieht dann so aus:
1 = Daumen rausstrecken
2 = Zeigefinger rausstrecken
3 = Daumen und Zeigefinger rausstrecken = 1 + 2
4 = Mittelfinger rausstrecken
5 = Mittelfinger und Daumen rausstrecken = 4 + 1
6 = Zeigefinger und Daumen rausstrecken = 2 + 4
Und so weiter, bis man mit einer Hand bis 31 gezählt hat. Dann macht man mit der zweiten Hand weiter bis man mit beiden Händen auf 1.023 kommt. Verrückt!
Damit kann man ziemlich beeindrucken! Eltern ihre Kinder und Kinder ihre … Lehrer! So wie die Tochter meines Kollegen:
Bei einem Spaziergang fragte sie ihn, wie ein Computer funktioniert. „Eigentlich eine gute Frage“, dachte er sich „die einer 9-Jährigen aber gar nicht so einfach zu beantworten ist“.
„Naja, für den Computer gibt es nur zwei Werte: Strom und kein Strom – und damit rechnet er“. Seine Tochter blieb hartnäckig: „Aber der Computer kann doch ganz viele Bilder zeigen, Videos abspielen und Musik spielen. Wie funktioniert das denn, wenn ich nur Strom und kein Strom habe?“ Nun hatte sie ihn und er überlegte, womit er am besten anfangen sollte. Er entschied sich für das Binäre Zählen und begann ihr zu erklären wie man mit 10 Fingern bis 1023 Zählen könne und dass auch der Computer auf diese Weise zählen würde. Sie hörte ihm sehr aufmerksam zu und bald hatte sie verstanden wie das Binärsystem funktionierte. Damit war sie bis zum Ende des Spaziergangs beschäftigt und glücklich. Eine Woche später bekam er einen Anruf von der Lehrerin seiner Tochter – sie würde so merkwürdig mit den Fingern zählen und wundere sich ob alles in Ordnung sei. Natürlich war alles in Ordnung. Seine Tochter verwendete das Binäre Zählsystem, um die großen Zahlen abzuzählen und begann offenbar damit zu rechnen!
Dieses Beispiel zeigt nicht nur, wie schnell Kinder für diese vermeintlich „unheimlich“ komplexen Themen zu begeistern sind, es zeigt auch, dass sie es anwenden, wenn sie es verinnerlicht haben. Dafür war kein Zwang nötig – es entstand aus reinem Interesse. Ihr Vater konnte sie begeistern und so blieb sie am Ball.
Programmieren lernen – spielerisch das Interesse wecken
Jetzt wurde es wieder ziemlich theoretisch. Versuchen wir mal zu überlegen, wie Kinder spielerisch an das Thema herangeführt werden können.
Sortieren gehört zu den ersten Anwendungsbeispielen der Computer: Dinge, die nicht so leicht zu überblicken sind, werden sortiert – und dafür gibt es letztendlich Datenbanken. Denn so können Befehle parallel auf verschiedenen Datenmengen angewandt werden.
Das mit dem Sortieren bekommen auch schon die ganz Kleinen hin. Versucht das mal mit einer Gruppe Dreijähriger: Jeder erhält einen Zettel auf dem ein anderes Tier abgebildet ist – sagen wir von einer Ameise bis zu einem Elefanten. Und nun sollen sich die Kinder der Größe des Tieres nach ordnen. Schaut mal, was passiert – Es entsteht ein riesen Gewusel, oder? Jedes Kind wird jedes andere Kind fragen. Es scheint ein riesiges Problem zu entstehen.
Wenn die Kinder sich aber in einer Schlange nebeneinander aufstellen und jedes Kind die folgende Regel immer wieder anwendet, erhält die Reihe schnell und ruhig eine funktionierende Sortierung.
- Es darf nur der linke oder rechte Nachbar innerhalb der Schlange verglichen werden.
- Es darf nur mit dem linken oder rechten Nachbarn die Position getauscht werden, wenn das abgebildete Tier größer ist als das des Nachbarn.
Schaut mal, was jetzt passiert und wie schnell sie das umsetzen.
Das Prinzip ist klar: Auch so werden Daten und Werte sortiert und verarbeitet – so entstehen quasi Buchstaben, daraus Silben, dann kleine Wörter, mit denen Sätze und Befehle gebildet und sich verständigt werden kann.
So lassen sich komplexe Themen spielerisch erklären und die Kinder können mit jedem Spiel die neu gelernten Infos verinnerlichen und Interesse für den nächsten Schritt entwickeln.
Wie es weiter geht und Kinder das Programmieren lernen
Natürlich lässt sich allein mit diesem Wissen nicht der Wohnort und die IBAN des zukünftigen Chefs ermitteln. Dazu gehört schon mehr, vor allem Zeit und Übung – ja, tut mir leid! Gerne würde ich Euch mit diesem Beitrag den Stein der Weisen überreichen. Doch ich denke, der Grundstein ist gelegt. Zum Einen ist klar geworden: das ist alles gar nicht sooo kompliziert. Genau genommen ist es sogar sehr interessant. Und wer es schafft die Begeisterung an dieser interessanten und zukunftsträchtigen Sprache zu halten, kann ganz schnell viele tolle Dinge entwickeln. Kinder haben eine riesige Auffassungsgabe und wenn sie diese komplexen Dinge quasi nebenbei lernen und vor allem verinnerlichen, werden sie sie nie vergessen!
Nun wird ein Kind zwischen 8 und 12 Jahren gähnen – das möchte doch eher wissen, wie es selbst eine Figur programmieren kann, die sich durch ein Labyrinth bewegt. Dann empfehle ich Euch unseren Beitrag Programmieren für Kinder verständlich gemacht. Hier erfahrt Ihr, wie Kinder mit Apps, Büchern und Spielzeug das Programmieren lernen können.
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Emilie
Emilie hat eine Schwäche für DIY-Themen. Wenn sie eine neue Inspiration erhält, juckt es ihr in den Fingern. Dabei ist das Ergebnis oft nebensächlich... Der Weg ist das Ziel! Nähen, häkeln, basteln - dabei kann die Zeit schon mal stehen bleiben. Ihre kleine Tochter liebt es sie dabei zu unterbrechen. Das treibt sie schon mal in den Wahnsinn, aber viel öfter bringt es sie zum Lachen!
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